Johannes Brahms: 1. Sinfonie c-Moll op. 68
1. Satz: Un poco sostenuto Allegro
2. Satz: Andante sostenuto
3. Satz: Un poco Allegretto e grazioso
4. Satz: Adagio, Più Andante, Allegro non troppo ma con brio, Piu Allegro
Fast anderthalb Jahrzehnte dauerte es, bis Brahms seine 1. Sinfonie zur Vollendung brachte. Es waren nicht nur des Meister Pedanterie und dessen Perfektionismus, die Brahms immer am Werk zweifeln ließen, vielmehr war es der Schatten Beethovens und die innige Auseinandersetzung mit dessen Wirken, das dem Komponisten zu schaffen machte. Den Erwartungshaltungen, die ihm als Erben Beethovens gegenüberstanden und seinem eigenen Schaffenszweifel fielen nicht wenige seiner Arbeiten zum Opfer.
Kaum ein anderer Komponist veröffentlichte sein großes Erstlingswerk so spät wie Brahms. Erst 1876 kam die 1. Sinfonie c-Moll op. 68, an der er seit 1862 in immer wieder kehrenden Phasen arbeitete, in Karlsruhe zur Aufführung. Neben der weitgehenden positiven Aufnahme durch das Publikum, wurden aber auch einerseits wegen des scheinbar fehlenden Programms und der doch teilweisen sehr starken Annäherung an die Werke Beethovens Kritik, ja sogar Plagiats-Vorwürfe laut. Tatsächlich kommt Brahms Beethoven an viele Stellen kompositorisch sehr nahe, doch sind die Diebstahlsvorwürfe entkräftet.
Vielmehr rechnet man Brahms die gelungene Erneuerung der Sinfonie, deren formale Enge zu dieser Zeit längst kritisiert wurde, und die er mit seiner ersten Sinfonie überwand, hoch an.
Das chromatisch auf- und absteigende Werk, mit den durchgehend gegensätzlich gerichteten Linien, hebt ganz in der Tradition Haydns und Beethovens mit viel Leidenschaft und ernstem Charakter an. Der erste Satz vermittelt Ernsthaft-Konstruktives, um am Schluss ganz in der Überwindung eines schicksalhaften Konfliktes emotional zu antworten. Kopf- und Finalsatz umrahmen die Sinfonie, die von Chromatik und Dreiklangbrechung geprägt ist, als scheinbar gleichwertige Blöcke. Anders als bei Haydn, bei dem der letzte Satz keine Steigerung bedeutet, sondern das Werk eher nur ausklingen lässt, kommt es bei Brahms, wie bei Beethoven, auf den Finalsatz an. Hymnisch triumphal ist die Musik, die die Idee einer Überwindung am Ende beschreibt. Nach einem verzweifelt, sorgenvollen Beginn, entfaltet sich ein emotionaler Wandel, hin zur Lösung am Schluss.